Engagement der Lehrenden ermöglicht digitalen Unterricht
Mitgliederbefragung der LEV zur Schulschließung: Eltern würdigen die Anstrengungen der Lehrenden und kritisieren das Fehlen eines übergreifenden Konzepts zur Digitalisierung
Das Aussetzen des Präsenzunterrichts an bayerischen Schulen aufgrund des Infektionsrisikos durch das Corona-Virus hat unter den bayerischen Gymnasiallehrkräften ein hohes Maß spontaner Kreativität hervorgebracht. Gleichzeitig zeigt sich in der mangelhaften Konsistenz der Unterrichtskonzepte, dass es dringend notwendig ist, im Kultusministerium eine nachhaltige Strategie zur Digitalisierung zu entwickeln.
Dies geht aus der Mitgliederbefragung hervor, die soeben von der Landes-Eltern-Vereinigung der Gymnasien in Bayern e.V. durchgeführt worden ist. Fast 9 000 Erziehungsberechtigte bayerischer Gymnasiasten haben sich daran beteiligt. (Die detaillierten Ergebnisse befinden sich im Anhang.)
„Die Eltern haben genau registriert, dass die Lehrerinnen und Lehrer sehr schnell reagiert und alle verfügbaren Systeme zur Weiterführung für qualitätsorientiertes Lernen genutzt haben“, sagt Susanne Arndt, Vorsitzende der LEV. Vor allem die Plattform „Mebis“ hat sich bewährt. Nachdem sie zunächst über ihre Grenzen hinaus belastet worden war, erwies sie sich nach entsprechender Anpassung als stabile Kommunikationsmöglichkeit, berichten 56,8 % der Befragten. Die Lehrenden mochten sich jedoch offenkundig nicht nur auf „Mebis“ verlassen. Sie wichen auf klassische Formen der Online-Kontakte aus. 74,4 % der Vermittlung von Aufgaben erfolgten per E-Mail. „Unsere Erfahrung sagt, dass diese Auswahl durch Überlegungen zum Datenschutz begünstigt ist. Außerdem fühlen sich wohl viele Lehrer ganz einfach im Umgang mit Mails am sichersten“, sagt Susanne Arndt. Dazu passt, dass auch das Feedback auf erledigte Aufgaben zu einem großen Teil per E-Mail erfolgte (41,2 %). Allerdings meldeten mehr als die Hälfte der Eltern (53,9 %), dass die Rückmeldung der Arbeitsergebnisse lediglich in einem Teil der Fächer erfolgte.
Die Auslagerung des Schulprogramms in die Familien fordert den Eltern eine erhebliche Bereitschaft zur Mitarbeit ab. 72,9 % der Befragten gaben an, die Fortsetzung des Unterrichts auf digitalem Weg sei nur mit technischer Unterstützung durch die Erziehungsberechtigten möglich gewesen. Dazu zählte unter anderem das Ausdrucken von Unterrichtsmaterial. „Entscheidender ist jedoch, dass 56 % der Eltern den Eindruck hatten, das digitale Lernen sei nur zustande gekommen, weil sie in der Lage waren, die Erläuterungen der Lehrenden zu den Inhalten sinnvoll und individuell zu ergänzen“, sagt Susanne Arndt. Daraus lässt sich schließen, dass viele Angebote nicht bedarfsgerecht formuliert sind und dass vor allem die Vermittlung von bisher unbekannten Stoffgebieten digital nur bedingt gelingt.
Susanne Arndt: „Außerdem ist unter diesen Bedingungen vorauszusehen, dass Schülerinnen und Schüler, deren Eltern nicht genügend Zeit aufwenden können oder die Aufgaben selbst nicht verstehen, längerfristig Verständnislücken entwickeln werden.“ Damit sind die Lehrer erneut gefordert, wenn der Unterricht in den Schulen wieder startet: Sie müssen ihre Schüler und Schülerinnen da abholen, wo sie sie abgegeben haben – am 13. März 2020.
Die Lösung dieser Probleme liegt nach Auffassung der LEV in einem flächendeckend ausgebreiteten und nach pädagogischen Prinzipien gestalteten Konzept für digitales Lernen. „Uns ist sehr wohl bewusst, dass die derzeit geltenden Einschränkungen des Schulbetriebs für alle Beteiligten überraschend eingetreten sind. Allerdings weisen wir darauf hin, dass die Forderung nach umfassender Digitalisierung in den Schulen seit Jahren besteht. Es ist sehr bedauerlich, dass sich an dieser Stelle im bayerischen Schulsystem bislang zu wenig bewegt hat. Das Kultusministerium und alle staatlichen Bildungsinstitutionen sollten die aktuelle Situation unbedingt zum Anlass nehmen, die Entwicklung digitaler Strategien konsequent und rasch voranzutreiben“, sagt Susanne Arndt.
Die LEV-Vorsitzende betont damit eine Auffassung, die viele Erziehungsberechtigte gegenüber der Landesvertretung der Eltern zum Ausdruck bringen. In einem Kommentar aus der Elternschaft einer Mitgliedsschule heißt es beispielsweise: „Wir alle sind nun gezwungen, die Möglichkeiten der digitalen Welt zu nutzen und zu testen, was am besten klappt und wie es funktioniert. Dies ist eine große Chance für die Zukunft, die viel Anstrengung und noch mehr Geduld fordert – auf allen Seiten.“
Aus dieser Haltung heraus urteilen die Gymnasialeltern mit Augenmaß. Auf einer Skala von 0 bis 5 bewerten sie die Anstrengungen der Lehrerinnen und Lehrer um den digitalen Unterricht mit 2,9. Das entspricht einem soliden „Befriedigend“.
Für weitere Fragen stehen Ihnen die LEV-Vorsitzende Susanne Arndt unter 0172 8322178 sowie die LEV-Geschäftsführerin Annette Batora unter 089 989382 zur Verfügung.